IG Metall Salzgitter-Peine
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19.04.2024, 18:04 Uhr

Arbeitskreis der Schwerbehindertenvertretungen

Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung - "Isolation statt Inklusion?"

  • 03.12.2020
  • Aktuelles, Pressemitteilungen

„Ein Bekenntnis zu mehr Inklusion in Gesellschaft und Arbeitsleben darf keine Schönwetter-Rede sein. Auch in der Corona-Krise gilt, inklusive Lösungen für Menschen mit Behinderung zu finden“, sagt Matthias Wilhelm, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Salzgitter-Peine, aus Anlass des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember. Dieser Tag wurde von den Vereinten Nationen 1993 als Gedenk- und Aktionstag ins Leben gerufen und in den vergangenen Jahren vom Arbeitskreis der Schwerbehindertenvertretungen (AK SBV) der IG Metall auch genutzt, um auf die Belange und Probleme von Menschen mit Behinderung aufmerksam zu machen.

Die Fotoaktion des AK SBV "Isolation statt Inklusion?" soll auf die besonderen Probleme von Menschen mit Behinderung während der Pandemie aufmerksam machen.

Mit ihrer diesjährigen Aktion haben die Metallerinnen und Metaller ein „Standbild“ entwickelt. „Isolation statt Inklusion?“ ist der Titel. Der Arbeitskreis will damit auf die besondere Situation von Menschen mit Behinderung in der Pandemie hinweisen.

Die Corona-Pandemie kennt keine Grenzen. An viele der damit verbundenen Einschränkungen und Verhaltensregeln können sich die Menschen mehr oder weniger gewöhnen. Aktuell wird für jeden erlebbar, wie sich „social distancing“ mit stark eingeschränktem Kontakt zu Familie, Freunden und Bekannten anfühlt.
Die Auswirkungen der Corona-Krise treffen einige Personengruppen besonders hart – so auch Menschen mit Behinderung, stellt der Arbeitskreis der Schwerbehindertenvertretungen der IG Metall fest. Ihr Leben wird noch schwieriger, als es vorher schon war:
„Gehörlose und stark schwerhörige Menschen können sich aktuell in der Mund-Nase-Schutz-tragenden Gesellschaft nicht mehr über Lippenlesen zurechtfinden“, berichtet Helmut Greiner von der Gesamtschwerbehindertenvertretung von Volkswagen. Zudem kommt es immer wieder vor, dass Personen, die aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit sind, in der Öffentlichkeit übel beschimpft werden, und dass ihnen der Zutritt zu Einrichtungen oder Geschäften verwehrt wird.
„Außerdem hat die allgemeine Hilfsbereitschaft gegenüber Menschen mit offensichtlichen Einschränkungen deutlich nachgelassen. Abstandsgebot und Angst, sich anzustecken, sorgen dafür, dass mobilitätseingeschränkte Menschen häufig alleine vor Barrieren oder Buseinstiegen stehen,“ ergänzt Arne Breitkreuz, Schwerbehindertenvertreter bei Alstom.
Viele Menschen mit Behinderung fühlen sich heute ausgeschlossen und übergangen, weil Schutzmaßnahmen für sie, aber nicht mit ihnen getroffen werden. Im Namen der Fürsorge werden viele Menschen mit Behinderung zur „Risikogruppe“ erklärt und als Folge davon sozial isoliert.
„Auch in Zeiten der Pandemie muss der Gedanke der Inklusion gelebt werden“, erläutert Martin Wolters, Konzernschwerbehindertenvertreter der Salzgitter AG. „Wir dürfen nicht ins Mittelalter zurückfallen und die „Risikogruppe Behinderte“ einfach isolieren oder gar wegsperren!“
Viele der aktuellen Maßnahmen sind mit Kurt Tucholsky zu erfassen: „Das Gegenteil von Gut ist nicht Böse, sondern gut gemeint.“ Ja, Menschen müssen vor der Ansteckung mit Corvid-19 geschützt werden und ganz besonders gilt das für die sogenannten Risikogruppen.
Der IG Metall-Arbeitskreis befürwortet durchaus, dass Beschäftigten, die ein besonders hohes Risiko für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung tragen, Arbeitsoptionen von zuhause angeboten bekommen oder sie unter Fortzahlung der Bezüge ganz von der Arbeit freigestellt werden. Allerdings dürfen derartige Maßnahmen nicht einseitig verordnet, sondern miteinander abgestimmt werden. Es muss ebenso die Möglichkeit geben, unter bestmöglichen Schutzmaßnahmen im Betrieb sozial integriert weiter arbeiten zu können. Beschäftigten den Zutritt zu ihrem Arbeitsplatz zu verwehren, weil sie aus gesundheitlichen Gründen keinen Mund-Nase-Schutz tragen können, ist völlig unzulässig.
Insgesamt gilt, dass im Zweifelsfall ein behinderter Mensch oder ein Mensch mit Vorerkrankungen selber sehr genau weiß, was für ihn ein Risiko ist und was nicht. Daher braucht es keinen Schutz um jeden Preis, keine gutgemeinten Maßnahmen von außen, sondern einen gemeinsamen Diskurs mit den Betroffenen und eine gemeinsame Suche nach gangbaren Wegen und tatsächlich notwendigen Hilfen. Schwerbehindertenvertretungen, Betriebsräte und die IG Metall setzen sich auch in Zukunft dafür ein.

Gelebte Solidarität ist ebenso wie die Einhaltung gesellschaftlich vereinbarter Verhaltensregeln ein Beitrag zum Infektionsschutz. Wir rufen alle dazu auf, zu einem schnelleren Eindämmen der Pandemie beizutragen, denn für viele Behinderte wie auch für die weiteren besonders betroffenen Personengruppen bedeutet dies ein schnelleres Ende von täglich erlebten Widrigkeiten.


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