IG Metall Salzgitter-Peine
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23.04.2024, 07:04 Uhr

Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Mehr Schutz für Frauen am Arbeitsplatz: IG Metall startet Kampagne „Mach meine Kollegin nicht an. Keine Gewalt an Frauen.“

  • 25.11.2022
  • Aktuelles

Mehr als 12 Mio. Frauen in Deutschland sind mind. einmal im Leben von sexualisierter oder körperlicher Gewalt betroffen ++ Am Arbeitsplatz wurde bereits jede sechste Frau sexuell belästigt ++ Metaller*innen machen in 20 Betrieben auf den „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ aufmerksam

Salzgitter/ Peine – Heute ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. „Das ist Anlass genug für uns als Gewerkschaft, aktiv zu werden. Denn eine sichere Welt ohne physische und sexualisierte Gewalt gegen Frauen schließt auch die Arbeitswelt mit ein“, sagt Marion Koslowski-Kuzu von der IG Metall Salzgitter-Peine. „Unser Ziel ist ein respektvolles und solidarisches Miteinander von Frauen und Männern im Betrieb. Das heißt auch, Grenzen wahrzunehmen und zu akzeptieren.“

Damit diese Botschaft des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen auch im Betrieb ankommt, hat der Ortsfrauenausschuss der IG Metall Salzgitter-Peine Aktionen vorbereitet. Unterstützt von ihren männlichen Kollegen machen Vertrauensfrauen und Betriebsrätinnen mit Stickern und Slogans „Mach meine Kollegin nicht an“ und Informationsflyern mit der Aufschrift „Halt zu Deiner Kollegin“ auf die immer noch bestehende Gewalt an Frauen am Arbeitsplatz aufmerksam. So wollen die Frauen in 20 Betrieben rund 20.000 ihrer Kollegen erreichen.

Beim Thema Gewalt an Frauen richten sich die Gedanken häufig an die häusliche Gewalt, an prügelnde Ehemänner oder Lebenspartner, die das Leben ihrer Frauen zur Hölle machen. Und tatsächlich ist jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von sexualisierter oder physischer Gewalt betroffen. Leider findet Gewalt an Frauen aber auch im Betrieb – direkt am Arbeitsplatz – statt. Hier äußert sich die Gewalt zumeist als sexuelle Belästigung. Jede sechste Frau in Deutschland hat bereits sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt.

Eine Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat ergeben, dass alleine in den vergangenen drei Jahren jede 11. erwerbstätige Person sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt hat. Frauen sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer. Fast die Hälfte der Belästigungen gingen von den eigenen Kollegen oder Kolleginnen, bzw. den Vorgesetzten aus. Bei der anderen Hälfte waren Kunden oder Klienten die Verursacher der Belästigungen. Am häufigsten wurden von den Betroffenen verbale Belästigungen, wie sexualisierte Kommentare (62 Prozent) oder durch Blicke und Gesten (44 Prozent) genannt. Unerwünschte Berührungen oder körperliche Annäherungen erfuhren rund ein Viertel (26 Prozent) der Betroffenen. Bei den meisten Erfahrungen handelte es sich nicht um einmalige Vorfälle – acht von zehn der Betroffenen erlebten mehr als eine solche Situation. 82 Prozent der Betroffenen gaben ausschließlich oder überwiegend Männer als Verursacher der Belästigung an.

„Bei uns im Betrieb sind die Frauen in der Minderheit. Der Schutz vor Diskriminierung kann nur durch die Unterstützung der Mehrheit gelingen. Deshalb sprechen wir heute im Betrieb mit unseren Kollegen „mit den Männern“ über dieses Thema, um sie um ihre Unterstützung zu bitten“, erklärt Britta Wassmann, Fachreferentin des Betriebsrates der Salzgitter Flachstahl, die aktiv im Ortsfrauenausschuss der IG Metall mitarbeitet.  Bei der Verteilung von Stickern und Flyern vor dem Tor 1 der Salzgitter Flachstahl GmbH erläutert Wassmann einem Kollegen die Aktion: „Wenn Du Zeuge einer sexuellen Belästigung wirst, fordern wir Dich auf, Haltung zu zeigen und Deine Kollegin aktiv zu unterstützen. Zeige Deiner Kollegin, dass Du zu ihr hältst. Begleite sie zum Betriebsrat, um eine Beschwerde aufzunehmen. Mit dem sichtbaren Anbringen des Aufklebers bekennst Du Dich öffentlich gegen Gewalt an Frauen.“

Auch bei Volkswagen fand eine große Aktion statt: „Betroffene zu unterstützen und deutlich Solidarität zu zeigen, ist von großer Bedeutung, auch am Arbeitsplatz, findet Müge Kilic, die ebenfalls im Ortsfrauenausschuss der IG Metall aktiv ist und das Mandat für die Frauen in der Vertrauenskörperleitung von Volkswagen inne hat. Sie sagt: „Wir Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter können vor allem den Blick auf unser betriebliches Wirken legen. Dafür setzen wir uns als Gewerkschaft jeden Tag ein: Mit dem starken Einsatz für betriebliche Anlaufstellen im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, die vom Arbeitgeber einzurichten sind. Mit Betriebsvereinbarungen, die „Partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“ fördern und regeln. Und mit ständiger Unterstützung und Weiterbildungsangeboten für Frauen, die damit als starke Akteurinnen im Betrieb auftreten. Die ständig wachsende Zahl an Betriebsrätinnen bestärkt uns auf diesem Weg.“ 


Betriebsvereinbarungen

Die Salzgitter Flachstahl GmbH  hat schon 2006 eine Betriebsvereinbarung zum Thema „Allgemeine Grundsätze über die Behandlung aller Betriebsangehörigen und Partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“ abgeschlossen. Diese untersagt Benachteiligungen aufgrund von Diskriminierungsmerkmalen des Gleichbehandlungsgesetzes. Damit regelt das Unternehmen, was unter (sexueller) Belästigung zu verstehen ist und die Schritte bei übergriffigem Verhalten. „Wer eindeutig gegen die Regeln des Betriebes verstößt, der fliegt“, sagt Nils Knierim, Vertrauenskörperleiter der Salzgitter Flachstahl GmbH. Die Betriebsvereinbarung verdeutlicht auch die zentrale Rolle der Geschäftsführung und der Führungskräfte. Vor allem Letztere sollen durch Schulungen und Trainings sensibilisiert werden, mit dem Ziel Verantwortung zu übernehmen und konsequent zu handeln.

Die 1996 entstandene Betriebsvereinbarung der Volkswagen AG sieht in Diskriminierungen eine Störung des Arbeitsfriedens. Hier heißt es: „Was als sexuelle Belästigung empfunden wird, ist durch das subjektive Empfinden des Betroffenen bestimmt.“ Kommt es zu Vorfällen oder beobachten Beschäftigte ein nicht duldbares Verhalten, können sie sich an die AGG-Berater*innen und die Mitglieder des Betriebsrates wenden. „Auch Sanktionen sind geregelt - von Abmahnungen bis zu Kündigungen“, erklärt Jessica Knierim, Vertrauenskörperleiterin bei Volkswagen.

Deutlich sagt sie: „Aber auch ohne Betriebsvereinbarung kann ein Betriebsrat aktiv werden. Betriebsrätinnen und Betriebsräte sind Anlaufstelle für betriebliche Beschwerden und müssen für Klarheit sorgen, wenn es zu Vorfällen kommt.“


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