IG Metall Salzgitter-Peine
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06.05.2024, 11:05 Uhr

Gleichstellungspolitik

Bildungsgrad der Frauen steigt, das Entgelt jedoch kaum

  • 01.03.2022
  • Aktuelles

Wie sieht es 2022 in Deutschland mit der Gleichstellung aus? Zu dieser Frage führen die Hans-Böckler-Stiftung und das WSI regelmäßig eine Studie durch. Es zeigt sich: Mehr Frauen erzielen einen höheren Bildungsabschluss, in der Arbeitswelt bleiben sie insgesamt aber weiterhin benachteiligt.

Es gibt Fortschritte in Richtung Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt, es gibt aber auch Rückschritte und Stagnation. Das zeigt der Gleichstellungsreport der Hans-Böckler-Stiftung und des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI), der im Vorfeld zum Internationalen Frauentag am 8. März veröffentlicht wurde.
 

Lohnlücke schließt sich nur langsam

Fortschritte in Richtung Gleichstellung gibt es besonders in den Bereichen Bildung, Erwerbstätigkeit und bei der sozialen Absicherung. Frauen haben die Männer bei den höheren Schulabschlüssen mittlerweile überholt, wie die Studie zeigt. 2019 machten 30,6 Prozent der Frauen einen akademischen Abschluss, während das nur auf 28,3 Prozent der Männer zutraf. Auch bei den Fachabschlüssen übersteigt der Frauenanteil den der Männer. Nur bei Berufsausbildungen liegen die Männer mit knapp 46 Prozent zwei Prozentpunkte vor den Frauen.

Doch auch wenn der Bildungsgrad der Frauen steigt, geht das nicht einher mit gleich steigenden Entgelten oder besser bezahlten Tätigkeiten in den einzelnen Branchen. Auch im vergangenen Jahr lag die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, auch Gender Pay Gap genannt, bei 18 Prozent. Hier ist zwar eine fallende Tendenz zu beobachten, doch die Lücke schließt sich nur langsam. Übrigens: eine der Hauptursachen für die feststellbare Verringerung des Gender Pay Gap ist die Einführung des Mindestlohns, mit dem die unteren Löhne deutlich angehoben wurden.
 

Sorgearbeit bleibt an Frauen hängen

Hierzu lohnt sich auch ein Blick auf die Verteilung der Geschlechter bei den Ausbildungsberufen. Hier zeigt sich deutlich, dass Frauen bei den Neuabschlüssen der dualen Ausbildungen deutlich häufiger vertreten sind als die Männer, wobei es im Handwerk und bei technischen Berufen genau umgekehrt läuft. So betrug der Frauenanteil bei den Neuabschlüssen der Friseur*innen zum Beispiel 72 Prozent, bei den Zerspanungsmechaniker*innen nur 5,6 Prozent. Oft arbeiten Frauen in Berufen, die niedriger bezahlt werden - wie zum Beispiel im Pflege- oder Gesundheitsbereich.

Bei der Verteilung der Sorgerarbeit ist kein Fortschritt zu sehen. Im Gegenteil: Die Zeit, die Frauen für Pflege und Kinderbetreuung aufwenden, ist während der Coronapandemie weiter gestiegen. Männer arbeiten durchschnittlich 38,4 Stunden pro Woche, Frauen nur 30,5 Stunden. Kommen Kinder in einem Haushalt hinzu, verschärft sich dieses Bild: Dann arbeiten fast alle Männer in Vollzeit und die Frauen mehrheitlich in Teilzeit.

Das trägt auch dazu bei, dass Frauen schlechter für das Alter vorsorgen können, da sie durch die zeitlichen Ausfälle auch weniger in die Rentenkasse einzahlen. Der Gender Pension Gap lag 2019 bei 49 Prozent. Das heißt, dass Frauen ein um 49 Prozent niedrigeres Alterssicherheitseinkommen bezogen als Männer.
 

Weiblicher Anteil in Aufsichtsräten stark gestiegen

Ein für die IG Metall wichtiger Punkt ist das Thema Mitbestimmung. Durch die Einführung der Quote hat sich durch die gesetzlichen Vorgaben für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen der weibliche Anteil in Aufsichtsräten deutlich erhöht, stagniert seitdem aber bei 32 Prozent.

So lässt sich das Thema Gleichstellung in den Betrieben adressieren

Die Studie macht Fortschritte aber auch Probleme im Vorankommen bei der Gleichstellung im Arbeitsumfeld deutlich. Was das für Aktive in den Betrieben heißt und wie sie damit umgehen können, hat uns Stefanie Geyer aus dem Ressort Frauen und Gleichstellung der IG Metall im Gespräch erzählt.

 

Der März ist Frauenmonat: Nicht nur der Internationale Frauentag ist am 8. März – am 7. März ist auch der Equal Pay Day, der auf ungleiches Entgelt zwischen den Geschlechtern aufmerksam macht. Wie können unsere Aktiven diese beiden Anlässe zur Ansprache in den Betrieben nutzen?

Beide Tage sind wunderbare Anlässe, um auf Kolleginnen zuzugehen – digital oder in Präsenz. Denn wir haben viele gleichstellungspolitische Erfolge zu feiern, aber auch noch einiges vor uns. Die Entgeltlücke wird geringer, aber sie beträgt bei gleicher Qualifikation und vergleichsweiser Tätigkeit immer noch 6 Prozent in unserem Organisationsbereich. Wir wollen Vereinbarkeit voranbringen, damit Frauen und Männer Arbeit und Leben besser vereinbaren können und ganz selbstverständlich ihren Weg gehen. Wir wollen den Anlass nutzen und reinhören, was den Kolleginnen aktuell besonders wichtig. In vielen Betrieben finden dazu digital oder in Präsenz Veranstaltungen statt.

 

Worauf können Sie dafür zurückgreifen? Was bietet die IG Metall ihnen zur Unterstützung?

Als IG Metall haben wir uns in diesem Jahr etwas ganz besonderes zum Frauentag überlegt: wir bieten einen ganzen Geschenkkorb an. In vielen Betrieben werden Gutscheine für Online-Seminare verteilt oder digital an Beschäftigte verschickt. Gleichzeitig bieten wir viel Hintergrundmaterial an: Präsentationen zur Geschichte des Frauentages, zum Equal Pay Day, Frauenförderung oder wie Digitalisierung geschlechtergerecht gelingt. Redebausteine und Shareables stehen zur Verfügung. In diesem Jahr liegt ein besonderer Schwerpunkt auf die laufenden Betriebsratswahlen. Der Frauentag kann auch hervorragend zur Wahlmobilisierung genutzt werden. Dafür haben wir Postkarten entwickelt und veranstalten am 10. März ab 20 Uhr eine spannende Talkrunde unter anderem mit Daniela Cavallo und Christiane Benner. Wir zeigen: Frauen bestimmen mit heute und morgen.

 

Und was fordern wir als IG Metall von den Arbeitgebern und der Politik zur Verbesserung in Sachen Gleichstellung von Frauen?

Viele Arbeitgeber sagen: bei uns läuft alles super. Bei genauerem Hinsehen, zeigt sich aber oft: es gibt eine Entgeltlücke, weil viele Frauen etwa in den unteren Entgeltgruppen beschäftigt sind. Gute Entwicklungsmöglichkeiten: Fehlanzeige. Arbeitgeber sind verpflichtet, einmal im Jahr einen Gleichstellungsbericht nach § 43 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz vorzulegen. Wir müssen dieses Instrument einfordern, damit wir den Finger in die Wunde legen können. Arbeitgeber sollten regelmäßig gemeinsam mit unseren Betriebsräten Prüfverfahren zum Entgelt durchführen und den Rahmen für bessere Vereinbarkeit und partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz schaffen. In vielen Betrieben haben wir hierzu bereits gute Bespiele. Unser Ziel: Entgeltgerechtigkeit, bessere Vereinbarkeit und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. 


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