IG Metall Salzgitter-Peine
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29.04.2024, 05:04 Uhr

Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

Teilhabe im Berufsleben darf nicht an einer Behinderung scheitern

  • 03.12.2023
  • Aktuelles

Jedes Jahr am 3. Dezember ist der „Internationale Tag der Menschen mit Behinderung“. Im Jahr 1993 wurde der Aktions- und Gedenktag von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Der Tag hat die Aufgabe, international auf die Situation von Menschen mit Behinderung aufmerksam zu machen. Es soll jedoch nicht nur die Sensibilisierung geschärft werden: Es geht darum, in sämtlichen Bereichen des Lebens, in denen Menschen mit Behinderung ausgegrenzt werden, laut einzufordern, dass damit Schluss sein muss.

„Eine inklusive Gesellschaft, in der alle gut und in Würde leben könne, entsteht nicht durch politische Sonntagsreden,“ sagt Ina Biethan, Politische Sekretärin der IG Metall Salzgitter-Peine. „Wir benötigen ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür, dass Inklusion und Teilhabe aller Menschen in unserer Gesellschaft ein nicht verhandelbares Gut werden muss. Dafür reichen Appelle und Sensibilisierungskampagnen nicht aus. Der Gesetzgeber ist gefordert klare und verbindliche Leitplanken einzuschlagen. In allen Bereichen unseres Zusammenlebens. Dazu gehört insbesondere auch die Arbeitswelt. Die Bundesregierung hat sich auf die Fahne geschrieben: „Deutschland wird barrierefrei“. Mit diesem Ziel darf sie vor den Betrieben nicht Halt machen. Eine moderne und zukunftsfeste Arbeitswelt, die allen offensteht, ist nicht zuletzt Ausdruck ökonomischer Vernunft. Wenn Unternehmen das nicht sehen oder sich verweigern, müssen wir und nicht zuletzt der Gesetzgeber ihnen auf die Sprünge helfen.“

Aus diesem Grund hat die IG Metall Salzgitter-Peine mit Ihrem Arbeitskreis der Schwerbehindertenvertretungen eine Aktion auf dem historischen Marktplatz in Peine durchgeführt. Der Arbeitskreis, dem Schwerbehindertenvertreter aus insgesamt 20 Betrieben angehören, hängte auf dem Weihnachtsmarkt ein Transparent auf, auf das Passanten ihre Forderung aufschreiben konnten. Ziel war es darüber ins Gespräch zu kommen, was die Unternehmen tun müssen, damit Beschäftigte das Arbeitsleben gesund überstehen. Oder auch, was helfen kann, um die Arbeitswelt barrierefrei zu gestalten.

„Bis alle Barrieren abgebaut sind, gibt es noch viel zu tun – denn noch immer arbeiten Menschen mit Behinderungen häufiger weit unterhalb ihres Qualifikationsniveaus. Und noch immer sind sie mehr und länger von Arbeitslosigkeit betroffen. Das darf nicht sein“, sagt Jan Muschkeit, Schwerbehindertenvertreter bei Bosch.

„Behinderungen sind oft nicht sichtbar“, erläutert Martin Wolters, Schwerbehindertenvertreter der Peiner Träger GmbH und Konzernschwerbehindertenvertreter der Salzgitter AG. „Das öffentliche Bild von Menschen mit Blindenstock und Rollstuhl gibt nur einen kleinen Ausschnitt der Realität wieder. Rund fünf Prozent der Behinderungen sind angeboren, aber über 90 Prozent der Behinderungen werden im Laufe des Lebens erworben: durch Erkrankungen, Unfälle und Arbeitsbedingungen. In der Arbeitswelt bedeutet das, Menschen mit Behinderungen haben oft chronische Erkrankungen wie Rückenleiden, Diabetes, Depressionen oder Krebs.“

„Und auch in der Arbeitswelt werden die Menschen immer älter. Aus diesem Grund müssen wir uns stark machen für den Aufbau einer Gesundheitsförderung in den Unternehmen, für eine bessere berufliche Weiterqualifizierung und eine Gestaltung gesünderer Arbeitsbedingungen“, sagt Arne Breitkreuz, Schwerbehindertenvertreter bei Alstom.

Mit Blick auf das von der Ampel-Regierung angekündigte Behindertengleichstellungsgesetz und die „Bundesinitiative Barrierefreiheit“ kritisiert die IG Metall, dass dort die Arbeitswelt jeweils weitestgehend ausgeklammert ist: „Die UN-Behindertenrechtskonvention von 2009 verpflichtet Deutschland zur Förderung und verbietet die Diskriminierung Behinderter. Erst die Inklusion auf dem Arbeitsmarkt zeigt, wie weit wir als Gesellschaft wirklich sind. Das bedeutet konkret: Es müssen endlich stabile Brücken in den Ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung gebaut werden. Denn Behinderte sind kein Kosten-, sondern ein Chancenfaktor. Und den stiefmütterlichen Blick auf Menschen mit Behinderungen kann sich das Land nicht leisten. Der Arbeitsmarkt braucht dringend Beschäftigte. Und behinderte Beschäftigte brauchen echte Teilhabechancen statt Mitleid. Dafür setzen wir uns ein, nicht nur am 3. Dezember“, sagt Helmut Greiner, Schwerbehindertenvertreter bei Volkswagen Salzgitter.

Konkret fordert die Gewerkschaft, dass jeder Betrieb barrierefrei und damit aufnahmebereit für Behinderte werden muss. Bislang können sich Betriebe von der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen mit einer Ausgleichsabgabe freikaufen und sind erst verpflichtet, barrierefreie Umbauten vorzunehmen, wenn sie Schwerbehinderte beschäftigen. Dies wird nicht zuletzt bei Einstellungen zum enormen Hemmschuh. Laut der Bundesagentur für Arbeit liegt der Anteil der schwerbehinderten Menschen in den Betrieben bei nur 4,5 Prozent. Bei der Gesamtbevölkerung hingegen beträgt der Anteil knapp 10 Prozent.
 


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