08.05.2023 | Bereits vor den gefälschten Präsidentschaftswahlen im August 2020 war eine deutliche Verschlimmerung der Menschenrechtsinstitution Belarus zu beobachten. Die brutale Unterdrückung friedlicher Demonstrationen durch belarussische Sicherheitskräfte zeigte die unterdrückerischen Tendenzen des Lukaschenka-Regimes. Menschenrechtsgruppen berichten von vielen politisch motivierten Inhaftierungen, Gerichtsverfahren und Verurteilungen, wobei die tatsächliche Anzahl politischer Gefangener vermutlich weit höher ist als offiziell angegeben. Aufgrund zunehmender Repressionen sind viele Menschen aus dem Land geflohen, während die Regierung gezielt gegen unabhängige Medien und die Zivilgesellschaft vorgeht.
Im Exil kämpfen demokratische Akteure, wie Sviatlana Tsikhanouskaya, das 2022 etablierte Übergangskabinett und der Koordinierungsrat, weiterhin für politische Reformen. Lukaschenkas anhaltender Staatsterror zeigt sich in Ereignissen wie der Entführung eines Ryanair-Flugzeugs und dem Flüchtlingsdrama im Winter 2021/2022. Die Ausnutzung von Geflüchteten als politisches Druckmittel gehört zu den gewissenlosesten Aktionen in der jüngeren europäischen Geschichte.
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ist das belarussische Regime noch stärker von Russland abhängig. Belarus unterstützt Russland auf militärischer, finanzieller und rhetorischer Ebene und trägt somit Mitschuld an den Verbrechen in der Ukraine. Gleichzeitig droht die Regierung belarussischen Bürgern, die versuchen, die Versorgung der russischen Armee zu stören, mit der Todesstrafe. Inmitten des Krieges im benachbarten Land nutzt Lukaschenka die Gelegenheit, unabhängige Gewerkschaften in Belarus zu zerschlagen und zahlreiche Gewerkschafter in Schauprozessen wegen Hochverrats zu langen Haftstrafen zu verurteilen.
„Zahlreiche unserer Kolleginnen und Kollegen haben versucht dem Terrorregime in Belarus Gegenwehr zu bieten, vielfach unter Inkaufnahme des Verlusts ihrer eigenen Freiheit. Etliche belarussische Gewerkschaftsmitglieder sitzen in Gefängnissen unter menschenunwürdigen Umständen. 90 Jahre nach der Zerschlagung der freien Gewerkschaften in Deutschland erinnern die Schilderungen aus Belarus an düsterste Kapitel deutscher Geschichte.“, erklärt Thorsten Gröger, Leiter des IG Metall Bezirkes Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. „Belarus scheint vor Menschenrechtsverletzungen nicht zurückzuschrecken. Die europäische Union sollte ihren Kurs gegenüber dem Lukaschenka-Regime verschärfen und weitere Maßnahmen ergreifen, um ebenfalls auf die Situation der Arbeitnehmerbewegung hinzuwirken und die sofortige Freilassung der Kolleginnen und Kollegen zu erwirken!“
Florian Hirsch, Vertrauenskörperleiter der IG Metall im Volkswagen Werk in Wolfsburg, erklärt: „Unsere volle Solidarität gilt den mutigen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern in Belarus, die sich dem Terrorregime entgegenstellen. Belarus tritt diplomatische Beziehungen mit Deutschland und Europa mit Füßen, wenn Organisations- und Demonstrationsfreiheit faktisch abgeschafft werden. Als Volkswagen Vertrauensleute sagen wir klar: Wir fordern die umgehende Freilassung der inhaftierten Gewerkschaftsführer und -aktivisten und die Einstellung aller gegen sie erhobenen Anklagen!“
Die 1.500 Aktiven der Vertrauensleutekonferenz der IG Metall bei Volkswagen haben am Samstag in Wolfsburg eine Resolution verabschiedet, die die Solidarität mit den Gewerkschaftsmitgliedern in Belarus zum Ausdruck bringt, jegliche Repression gegen die Zivilgesellschaft verurteilt und die Staatengemeinschaft der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), der Europäische Union und der Vereinten Nationen, für eine aktivere Rolle zur Schaffung der Rechtsstaatlichkeit in Belarus auffordert.